In seiner zweiten Einzelausstellung in unserer Wiener Galerie gibt Christoph Schwarz einen Überblick über seine aktuell entstandenen drei Kurzfilmessays, die räumlich inszeniert in Bezug zueinander gebracht werden. Ganz dem Ansatz des Guerilla filmmaking verpflichtet, übernimmt Schwarz in seinen Filmen sämtliche Funktionen, ist Darsteller, Kameramann, Regisseur und Postproduzent in Personalunion, und erreich dadurch einen Grad an Unmittelbarkeit, die die Grenze zwischen Realität, Fiktion, Kunst und Leben unkenntlich macht.
Der Ausgangspunkt von Krochacarraldo (2013, AUT, 17 min.) ist wie in allen drei Projekte extrinsisch motiviert: zum dreißigjährigen Jubiläum von "Fitzcarraldo" sollen Medienkünstler für das Goethe Institut Vorfilme zum neugemasterten Regenwaldklassiker drehen - Schwarz blendet in seinem Beitrag "Krochacarraldo" die beiden konträren Referenzsysteme "Werner Herzog" und "Wiener Jugendkulturhype" übereinander, und scheitert dabei fulminant. Angelehnt an Herzogs Tagebuch "Die Eroberung des Nutzlosen" werden dabei die Unwägbarkeiten des Filmemachens im Rahmen einer Film-im-Film Konstruktion auf Schwarz' Lebenswelt umgemünzt.
Rhodopia (2012, BUL/AUT, 11 min.) beginnt mit einer existentiellen Lebenskrise: Schwarz muss sich darin ein fatal falsch gelaufenes Leben eingestehen, in dem noch nie etwas "authentisch ehrlich" gemeint war. Eine Einladung auf ein Künstlerstipendium nach Bulgarien verwendet er als Vorwand, um noch einmal komplett neu anzufangen. Mit ungeschönter Ehrlichkeit spricht "Rhodopia" von den intimsten Ängsten einer Generation, die auf größtmöglichste Individualität getrimmt wurde, und dadurch eine starke Sehnsucht nach klaren Werten und Gemeinschaft entwickelt.
In Der Sender schläft (2013, AUT, 26 min.) können wir Schwarz dabei verfolgen, wie er für den Kulturkanal ORF III ein "Fernsehkunstwerk" entwickelt - und dazu seinen Lebensmittelpunkt in eine Atelierwohnung im ORF Zentrum auf den Küniglberg verlegt. Der eigene Anspruch an die politische Signifikanz einer Arbeit für das Massenmedium Fernsehen steht im krassen Widerspruch zu Schwarz' künstlerischem Output - und endet in einer flotten Komödie über die eigene Käuflichkeit. "Der Sender schläft" wurde im März als erster Beitrag der Reihe "ORF III Artist-in-Residence" auf ORF III ausgestrahlt.
Ausstellungsbauten: Egon Waltl
Mit Dank an: Georg Geutebrück, Herwig Steiner
Christoph Schwarz ist Golfprofi, Christoph Schwarz ist Barockmaler, Christoph Schwarz ist Callboy-Vermittler, Christoph Schwarz ist Detektiv des Übersinnlichen, Christoph Schwarz ist fiktiver Künstler, Christoph Schwarz ist nur ein Name, Christoph Schwarz gibt es gar nicht. Die Arge Schwarz ist eine vierköpfige, intrapersonelle Arbeitsgemeinschaft, die Christoph Schwarz je nach Baustelle (Repräsentation, Organisation, Produktion, Rekreation) impersoniert.
„Wenn mich wer fragt, was für Kunst ich mache, lüge ich irgendetwas daher. Wenn das dann rauskommt, sage ich, das ist eben die Kunst, das Lügen.“ Christoph Schwarz im Gespräch mit Daniel Bleninger, Oktober 2012